Teures Prestigeprojekt mit Hindernissen: Finnlands Olkiluoto 3 und die Milliardenfalle im europäischen Atomkraftbau
Das finnische Kernkraftwerk Olkiluoto 3 (OL3) ging 2023 offiziell ans Netz und war eines der größten und zugleich problematischsten Bauprojekte Europas. Hier sind einige wichtige Fakten, insbesondere zu den technischen Herausforderungen und den enormen Kostensteigerungen:
- Technische Daten und Typ:
- OL3 ist ein sogenannter Europäischer Druckwasserreaktor (EPR) mit einer Leistung von rund 1.600 Megawatt.
- Der Reaktortyp EPR wurde von der französischen Firma Areva entwickelt und soll besonders hohe Sicherheitsstandards bieten.
- Es handelt sich um das erste Kernkraftwerk in Finnland seit den 1970er Jahren und den weltweit ersten EPR, der in Europa ans Netz ging.
- Kostenexplosion:
- Die ursprünglich geplanten Kosten für OL3 lagen bei etwa 3 Milliarden Euro.
- Aufgrund zahlreicher Verzögerungen und technischer Herausforderungen stiegen die Gesamtkosten auf rund 11 Milliarden Euro, was einer Kostensteigerung von über 300 % entspricht.
- Die Finanzierung des Projekts stellte eine enorme Belastung dar, sowohl für die beteiligten Unternehmen als auch für Finnland.
- Lange Bauzeit und Verzögerungen:
- Der Bau begann im Jahr 2005 und sollte ursprünglich 2009 fertiggestellt werden. Stattdessen dauerte es 18 Jahre bis zur Inbetriebnahme im Jahr 2023.
- Mehrere Verzögerungen waren auf technische und regulatorische Herausforderungen zurückzuführen, sowie auf fehlende Dokumentation und Probleme in der Fertigstellung.
- Technische Probleme:
- Während der Bauphase traten Probleme mit der Qualität der gelieferten Materialien und Komponenten auf, insbesondere bei Schweißarbeiten und Betonarbeiten.
- Probleme beim Druckbehälter und bei der Instrumentierung führten zu Sicherheitsbedenken und verlangsamten den Bau weiter.
- Während der Inbetriebnahmephase kam es zu Schwierigkeiten beim Hochfahren des Reaktors, die zusätzliche Zeit erforderten, bevor eine stabile Stromproduktion erreicht wurde.
- Rechtliche Auseinandersetzungen und staatliche Rettung von Areva:
- Wegen der zahlreichen Verzögerungen und der Kostenüberschreitung kam es zu rechtlichen Konflikten zwischen dem Betreiber Teollisuuden Voima Oyj (TVO) und dem Baukonsortium von Areva und Siemens. Nach langwierigen Verhandlungen einigten sich die Parteien 2018 auf eine Entschädigungszahlung von etwa 450 Millionen Euro zugunsten des Betreibers TVO.
- Die finanziellen Verluste durch OL3 brachten Areva jedoch an den Rand des Zusammenbruchs. Der französische Staat musste das Unternehmen schließlich retten und umfangreich umstrukturieren. Das Reaktorgeschäft wurde an den staatlich kontrollierten Energiekonzern EDF verkauft, während Areva sich auf andere Bereiche der Kernenergie spezialisierte.