Die «Stromlücke» ist ein Mythos. Die «Stromlücke» ist eine Denklücke. Erfunden in der Werbeabteilung der Atomlobby, soll uns die drohende Strom-Knappheit gefügig machen für die Fortsetzung einer verfehlten Strompolitik. Auch der Bundesrat hat die Lücke bereits im Kopf. Schade. Denn eine zukunftsfähige und sichere Stromversorgung setzt nicht auf neue Gas- und Atomkraftwerke, sondern auf Effizienz und Erneuerbare.
Die Angstmacherei mit der drohenden Strom-Knappheit soll uns gefügig machen für die Fortsetzung einer verfehlten Strompolitik. Wer „Stromlücken“ mit Atommüll füllen will, der hat eine Denklücke im Kopf und später ein Loch im Portemonnaie. Eine zukunftsfähige und sichere Stromversorgung setzt nicht auf das Klumpenrisiko AKW, sondern auf einheimische und sich erneuernde Energieträger wie Wasser, Wind, Biomasse, Erdwärme und Sonne, sowie auf einen effizienten Einsatz von Strom Das Atomloch ist eine Chance für unsere Volkswirtschaft. Packen wir sie!
«Stromlücke» zum Vierten
Bereits zum vierten Mal sieht sich die Schweizer Bevölkerung mit der sogenannten Stromlücke konfrontiert. Wie heute, ging es auch in den 70ern, den 80ern und 90ern immer um den Bau von neuen Atomkraftwerken. So schreibt zum Beispiel der VSE (Verband Schweizerischer Elektrizitätswerke) im September 1987 in seinem 10-Werke-Bericht: „Die Stromlücke erreicht bis zum Winterhalbjahr 2004/2005 ein Ausmass von 4,3 Milliarden Kilowattstunden, ….Ohne Inbetriebnahme des Kernkraftwerks Kaiseraugst wird die Lücke sogar 7,2 Milliarden Kilowattstunden betragen“. Kaiseraugst wurde nie gebaut und die Lichter gingen trotzdem nicht aus. Die „Strom-Lücke“ war bisher eine Strom-Lüge und wird es auch in Zukunft bleiben.
Stromberg statt Stromlücke
Heute produzieren die schweizerischen Kraftwerke ein wenig mehr Strom (64 Terawattstunden), als wir SchweizerInnen pro Jahr auch verbrauchen (57 TWh ). Zählen wir die zwei von uns in Frankreich gebauten AKW noch hinzu, so haben wir heute einen Produktionsüberschuss von zwei AKW Gösgen (+20 Terawattstunden). Der Blick in die nahe Zukunft und über unsere Landesgrenzen hinweg zeigt, dass die Schweizer Stromfirmen vor allem im nahen Ausland neue Grosskraftwerke gebaut haben oder dabei sind solche zu bauen. Bis in zehn Jahren wird die Schweizer Stromwirtschaft im In- und Ausland gegen 100 Terawattstunden produzieren. Das ist also annähernd das Doppelte unseres heutigen Landesverbrauchs. In Anbetracht dieser Zahlen, ist faktisch keine Stromlücke in Sicht.
Märkte haben keine Lücken
Die Schweiz ist ab 2008 zu 100% in den europäischen Strommarkt integriert. Die Systemgrenze Schweiz gibt es in Sachen Strom also nicht mehr. Was es einzig noch gibt, sind begrenzte Transportkapazitäten auf den grenzüberschreitenden Stromautobahnen. Aber diese sind gemäss Bundesamt für Energie schon heute genügend gross, um die gesamte AKW Kapazität durch Importe zu ersetzen. Auch der Chefökonome des Bundes, Herr A. Brunetti, runzelt beim Begriff „Stromlücke“ seine Stirn. Funktionierende Märkte haben keine Lücken. Auch der Strommarkt funktioniert nach Angebot und Nachfrage. Wird das Angebot knapp, steigen im offenen Markt die Preise. Und der Strom fliesst dorthin, wo am meisten dafür bezahlt wird. Der Begriff „Stromlücke“ ist unter diesen ökonomischen Gegebenheiten schlicht absurd.
Weichen jetzt auf Zukunft stellen
Niemand bestreitet die Tatsache, dass die alten AKW spätestens ab 2020 aus Sicherheitsgründen vom Netzt gehen müssen. Das sich dann öffnende „Atomloch“ gilt es mit kluger Strompolitik, respektive mit besseren Alternativen zu füllen. Das „Atomloch“ ist darum kein Anlass zur Sorge, sondern die grosse Chance, unsere Stromversorgung nachhaltiger und sicherer zu gestalten. Nur der Umstieg auf erneuerbare Energieträger kann langfristig wirkliche Versorgungssicherheit bei minimaler Umweltbelastung bieten. Auch wenn die Stromverkäufer die Alternativen ständig klein- und den Atomstrom billigreden, die Zukunft liegt nicht im Klumpenrisiko AKW, sondern bei den erneuerbaren Energien und im effizienten Einsatz von Strom. Die Wissenschaft und die Bundesverwaltung haben mehrfach mit Studien belegt, dass der Weg in Richtung Stromzukunft ohne AKW nicht nur möglich und nachhaltiger ist, sondern uns alle auch langfristig günstiger zu stehen kommt.
«Friss ein Drittel weniger» ist möglich
Das Stromsparpotential ist enorm. Jede dritte Kilowattstunde wird heute verschwendet und könnte mit heute bester Technologie verhindert und eingespart werden. Weil Strom nichts kostet, wird er in unsinnigen Elektroheizungen, in wartenden Kopiermaschinen und ineffizienten Glühbirnen regelrecht verbraten. Hier braucht es harte Zulassungsbeschränkungen für elektrische Anwendungen und Geräte. Zum Beispiel reichen ein Standby-Verbot, beste Elektrogeräte und effiziente Beleuchtung aus, um Beznau 1+2 abzuschalten zu können. Das schöne dabei: Statt das Geld für Uran und Gas in den Kreml schicken zu müssen, bleibt es in der Schweiz, schafft dauerhafte Arbeitsplätze und Exportchancen für effiziente Technologien. Mit einer wirksamen Stromsparpolitik könnte das Parlament mindestens die Hälfte des „Atomlochs“ einfach wegsparen. Sparen ist zwar nicht ganz gratis. Aber Strom aus einem neuen AKW kostet mindestens das Doppelte.
Eine Frage des politischen Willens
Die Vollversorgung mit sauberem Strom ist nicht eine Frage der Potentiale, sondern eine Frage des politischen Willens und der politisch festgelegten Preise. Solange Atom-, Gas- und Kohlestrom ihre Vollkosten ( zum Beispiel Klimaschäden, Atommüllverwahrung, Risikokosten) nicht tragen müssen, sind die Spiesse für die sauberen Technologien unfair kurz. Das muss sich ändern. Ein Anfang ist mir der Einführung der Einspeisevergütung getan. Wer in 30 Jahren keine Stromengpässe wegen Uran-Mangel oder leeren Gaspipelines haben will, der muss entschieden mehr tun. Und zwar jetzt.
» Aus Schweizerische Energie-Stiftung SES